Montag, 10. März 2014

Trabanten

Die Erinnerung ist ein Begleiter, der bisweilen untreu wird, so wie an manchen Tagen, wenn das Licht beschließt, milchig zu bleiben. Die Sonne schickt ihre Strahlen durch Nebel und Dunst ins Ungewisse, auf die Suche. Ich möchte mich ins Auto setzen und durch Straßen fahren, in denen ich nie gewohnt habe, die in meiner Kindheit neu waren, benannt nach Ludwig Renn oder Paul Dessau und mir bis heute fremd wie das Leben der Leute, die in den Häusern dort wohnen, sind. Die Häuser waren hoch und der Stolz der Republik. Und wenn der Himmel blau war, strahlten sie voller Verheißung auf Zukunft und das, was werden soll. Lachende Familien mit lachenden Kindern. Mein Bruder hat eine Schwester. Alles ist im Plan, und Vati baut mit. Wir sind der Stolz der Republik. Wir sagen Danke und flüchten uns in den milchigen Tag, an dem das Licht beschließt, Anisschnaps zu sein, der mit Wasser verdünnt wird, der diffus wird wie die Milch, die sich im Tee löst, alle Schnörkel verliert und das Schwarz noch Jahre später erhellt bis zum Beige der Kleidung rüstiger Rentner. In der Erinnerung war mein Leben nie grau, eher ecru oder kitt, so wie die harmlosen Automobile vor den republikstolzen Häusern. An machen Tagen erinnere ich mich daran, dass der Himmel helltaubengraublau werden kann, de luxe wie baumwollverstärktes Thermoplast. Ganz exquisit. Und nur für mich. 

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