Samstag, 16. August 2014

Korrespondenzprinzip

Alles, das mit allem zusammenhängt, es zusammenhält, soll, muss, sonst wäre ja alles Leere, trotz Materie und Zeit, und Gedanken in den Köpfen der anderen nur Gedanken in den Köpfen der anderen, dann würde sie doch nicht denken, dass das große Kind, das nun groß ist und geht, nein, das sie setzt, in eine Maschine, die in den Norden fliegt, und sich freut, weil er es kann und sie es noch muss, und weint, wissend, das gehört zum Handel: Liebe und Abschied und Tränen, weil doch alles mit allem zusammenhängt, weil doch sonst alles leer wäre, wie das Leben der anderen. Sein Flugzeug wird landen, in der Zeit, die die Ringbahn braucht, im halben Kreis, vier Fünftel - dafür gibt es keinen Takt - nach Hause, die sie sich nehmen könnte und ein Auto und so lange fahren, wie er fliegt. Sie käme ins Brandenburgische, Fontaneland mit Kiefernhimmel und Wolkenschatten in grünen Seen, vor denen sie als Kind so grundlos Angst hatte, weil man den Grund nicht sehen kann, Urstromtal und Toteisseen, Sedimente, geschichtete Geschichten, die zu Untiefen werden, Seenlandschaft, Seelenlandschaft, weil die Eltern erzählten von Bucheckernkaffee und sie an Kienäppelkompott denken musste und ihr bang war vor dem Armsein, dem Verlust, wenn man nichts hat, von dem sie erzählten und sagten ihr Wir-hatten-ja-nichts und Als-wir-so-alt-waren-wie-du. Daran muss sie denken, so alt ist er jetzt. Und dann fährt sie los, und die Straßen sind glatt, kaum geflickt, wie das Leben, das fremd und noch ungelebt unter ihm liegt, zu dem er fliegt, in das er sich legen wird wie in ein frisch bezogenes Bett, zu Gast erst, um dann zu lernen, die Falten glattzustreichen am Morgen, zu leben, und biegt zwischen Felder, auf Wege, die kein Plan kennt, und um sie noch ein letztes Wogen oder schon frisch gepflügtes erdreiches Braun, zengartengleich, weil dem Augusttag der Herbst schon innewohnt und sein Leuchten: Das große Kind ist groß, und es braucht zwei Flugzeuge, um zu ihm zu kommen. Und wenn sie das Bild von sich, das er - Zennström sei Dank - beim Fernsprechen sieht, sieht, dann denkt sie, du bist doch noch gar nicht so alt, und lächelt ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.