Dienstag, 15. Juli 2014

Burkhard Spinnen wird verramscht

"Du hast das Dinkelmehl vergessen", höre ich durch den Schaum in meinen Ohren. Das Dinkelmehl fehlt. Mist. Ich habe das Dinkelmehl vergessen. Dabei hat sie mich doch nur gebeten, Dinkelmehl zu kaufen, das entspelzte. Da bittet sie mich einmal um was. Sagt sie. Und dann vergess ich's. Typisch. Sagt sie. Ich drehe den Hahn zu. "Aber nun ist ja alles zu." Mist, ich habe vergessen, ihr dieses Dinkelmehl mitzubringen. "Wo du auch immer deinen Kopf hast?!" - "Ich könnte zu Famila fahren. Famila hat bestimmt noch auf." Famila - da fährt man über die Autobahn hin. Für Dinkelmehl. Aber Famila hat bestimmt noch auf. Ich setz mich ins Auto. Es gibt Mutter-Kind-Parkplätze. Rein rechtlich betrachtet können sich auch kinderlose Herren konsequenzlos darauf abstellen. Kinder stellen ja keine Behinderung mit Parkplatzanspruch dar. Sie kosten nur Nerven, Heilanstalten gibt es dafür, und Privatversicherte bekommen Einzelzimmer. Ich bedaure, kein kinderloser Einzelherr zu sein, als ich parke. Zu Hause steht ein Ordner "Kinder Kosten". Darin sammle ich Ämterschriftverkehr, Betreuungsgutscheinanträge. Formulare. Instrumentenkarussell. Zukunftsmusik. Zahnspangenquartalsrechnungen. Kostenfaktoren. Kinderreichtum. Kinderlachen macht glücklich. Jaja. Ich werde alt darüber. Immer ist der Kopf voll, den man sich zerbricht. Schulfrage, Schuldfrage. Und darüber hab ich vergessen, ihr das Dinkelmehl zu kaufen. Aber ich bin ja über die Autobahn, weil Famila noch aufhat. Für Dinkelmehl. Wo ich auch immer meinen Kopf hab?! Die nassen Haare zeichnen einen dunklen Rand auf dem Kragen meines Mantels. Wie südliche Küsten. Schaum im Ohr. Aber Famila hat noch auf. Aphrodite war schaumgeboren. Zwischen meinen Ohren. Aber das Dinkelmehl vergess ich. "Du weißt doch, das spelzfreie. Denk bitte dran." Lidl hat das nicht. Aber Famila hat ja noch auf. Die haben doch alles. Das Einkaufserlebnis im Norden. Über die Autobahn, weil ich's vergessen habe, für Dinkelmehl, und stehe konsequenzlos auf einem Mutter-Kind-Parkplatz, weil der ganz nah am Zebrastreifen zum Eigang zum Einkaufserlebnis des Nordens liegt und die Zeit doch läuft. Irgendwann ist's zu spät. Also Dinkelmehl. Und dann macht auch Famila zu. Aber die haben ja alles. Selbst Jette-Joop-Taschen hinter einer Theke aus Plexiglas. Ihr Vater hat doch eine Villa in Potsdam. Vaterlose Mutter-Kind-Parkplätze. Arme Väter. Potsdam ist Osten. Und daneben Wannsee-Westen. Aber das versteht man hier nicht. Berlin ist weit. Zu Famila über die Autobahn. Wegen Dinkelmehl. "Wo hast du nur immer deinen Kopf?" Mein Portemonnaie liegt auf dem Küchentisch. Mist. Im Aschenbecher liegt Einkaufswagengeld. 3,50 retten, klimpern in der Manteltasche wie in meinem Kopf. Das muss reichen. Genug.
Vor den Kassen stehen Kreuzworträtsel-Sudoku-Remittenden-Tische. Mängelexemplare. Preisreduziert. Verlegte Hoffnungen. Nur mal sehen. Fatal. Ich kann doch nicht. Ich muss doch zurück. Sie wartet. Keine Zeit. Aktionspreis. 3,49. Der Reservetorwart. Burkhard Spinnen. Der hat mal Preise ... "Der Mittelweg ist und bleibt der gefährlichste." Kein Zurück.
Ich werde einfach sagen, Dinkelmehl war aus. 

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